Seitdem wir vor 10 Jahren im Rahmen einer Balkanreise zum ersten Mal nach Albanien kamen, hat sich einiges verändert. Damals war es noch ein Geheimtipp, heute liegt Albanien als eines der letzten touristisch noch nicht komplett erschlossenen Länder voll im Trend. Doch während bei Vlora demnächst ein neuer Flughafen für die zu erwartenden Massen in Betrieb geht, reisen wir wie immer langsam und entspannt über Land und mit dem Schiff. Genießen Sie es!
Wir starten früh am Morgen um sechs Uhr in Freiburg am Konzerthaus. Durch die Schweiz kommen wir, passieren bei Chiasso die Grenze nach Italien und erreichen vorbei an Mailand, Parma und Bologna kurz vor der Adria am späten Nachmittag Ravenna. Die Stadt ist berühmt für ihre frühchristlichen Kirchen, Taufkapellen, Mausoleen sowie Mosaiken. Falls wir ohne größere Verkehrsstörungen durchkommen, bleibt noch etwas für einen Bummel durch die Stadt und zur Kirche San Vitale, die zu den bedeutendsten Kirchenbauten (UNESCO-Welterbe) der spätantik-frühbyzantinischen Zeit zählt. Abendessen und Übernachtung in Ravenna. (700 km)
Um die Mittagszeit erreichen wir Ancona, wo unsere Fähre nach Griechenland ablegt. Immer wieder ist es ein interessantes Schauspiel, wie die Fähre mit unzähligen LKWs und PKWs beladen wird und ganz zum Schluss mit unserem roten Bus. Am Nachmittag legt unser Schiff ab. Abendessen an Bord und Übernachtung in Doppelkabinen mit Klimaanlage, Dusche und WC. (170 km)
Eine schöne und interessante Strecke durchs Pindosgebirge und damit durch den südlichen Balkan liegt vor uns, nachdem wir in der nordgriechischen Hafenstadt Igoumenitsa an Land gegangen sind. Nach dem Passieren der griechisch - albanischen Grenze erreichen wir Korça, die wichtigste Stadt im südöstlichen Albanien. Im späten 19. Jh. war sie ein Zentrum der albanischen Nationalbestrebung namens Rilindja-Bewegung. Hier wurde 1887 die erste Volksschule des Landes eröffnet. Zahlreiche abendländisch angehauchte, historisierende Palais zeugen davon, dass die Stadt um 1900 herum ein wohlhabendes Handelszentrum war. Im osmanischen Basarviertel sind von den einst sechzehn Han, die als Unterkünfte für Karawanen dienten, noch zwei vorhanden. Abendessen und Übernachtung in Korça. (280 km)
Am Vormittag sehen wir uns etwas genauer im so interessanten Zentrum von Korça um, und am Nachmittag fahren wir nach Voskopoja, eine weitgehend verlassene Siedlung im Bergland auf etwa 1200 m Höhe, in der orthodoxe Kirchen von religiöser Toleranz und vor allem von der ehemaligen Bedeutung des heutigen Dorfes zeugen. (45 km)
Nach dem Frühstück in Korça fahren wir Richtung Ohrid-See nach Nordmazedonien. Nordmazedonien schaffte als einziges Land des ehemaligen Jugoslawien den friedlichen Gang in die Unabhängigkeit. Auf dem Weg nach Ohrid besuchen wir das am See liegende Kloster Sveti Naum. Weiter entlang des Seeufers kommen wir nach Ohrid. Der Nachmittag ist für die Besichtigungen der Altstadt von Ohrid (UNESCO-Welkulturerbe) vorgesehen, die am gleichnamigen See mehreren großartigen Kulturen zu verdanken ist. Ohrid gilt als Perle unter den nordmazedonischen Städten. Bulgaren, Osmanen und Serben lebten hier Tür an Tür und regelten ihre Rechte als Minderheiten vertraglich - auf dem Balkan eher eine Seltenheit …! Abendessen und Übernachtung in einem 4-Sterne-Hotel direkt am See. (80 km)
Nach dem Grenzübergang fahren wir durch das Shkumbintal und folgen damit der berühmten römischen Heerstraße via Egnatia, die einst die Adria mit dem Bosporus verband. Die osmanische Altstadt von Elbasan mit ihren gewundenen Gassen konnte ihren orientalischen Charakter bis zum heutigen Tag bewahren. Während der Diktatur lag bei Elbasan der größte metallurgische Betrieb Albaniens (»Stahl der Partei«), gleichsam das Rückgrat der albanischen Industrialisierung im Sozialismus. Da die Produktion nach dem Bankrott des Kommunismus so gut wie stillgelegt wurde, hat die Stadt heutzutage mit hoher Arbeitslosigkeit zu kämpfen. Am Nachmittag treffen wir in Tirana ein, wo wir drei Mal übernachten. (140 km)
Tirana ist seit 1920 die Hauptstadt Albaniens und hat in den letzten 30 Jahren eine sehr dynamische Stadtentwicklungen erfahren. Die einst düstere Stadt der kommunistischen Diktatur ist heute eine quirlig-bunte internationale Metropole. Mit jährlichen Zuwachsraten von 5 bis 7% ist Tirana weltweit eine der am schnellsten wachsenden Städte. Jüngere Schätzungen tendieren zu etwa 900.000 Einwohnern gegenüber knapp 250.000 am Ende der sozialistischen Epoche. Wir erleben eine eindrucksvolle Kombination an Relikten und Spuren aus verschiedenen Zeiten. Eine besondere Stellung nimmt dabei das Stadtviertel »Bloku« ein: Wo einst, vom Fußvolk hermetisch abgeriegelt, die berüchtigten Apparatschiks der kommunistischen Partei lebten, ist heute ein beliebtes und teures Viertel geworden. Am ersten Vormittag machen wir einen Stadtrundgang und lassen uns all das zeigen. Der Nachmittag steht dann zur freien Verfügung. Was für eine Stadt, wie wunderbar exotisch, wie schön, dass wir Teil dieser Vielfalt in Europa sein dürfen! Auch von Tirana waren wir auf bisherigen Reisen durch das Land so begeistert, dass alle der Meinung waren, man müsse hier unbedingt einen weiteren Tag verbringen können. Deshalb legen wir noch einen komplett freien Tag ein, um eigenständig die Stadt in vollen Zügen erfahren zu dürfen. Zweite und dritte Übernachtung in Tirana in einem sehr guten, sehr zentralen 4-Sterne-Hotel.
Wir fahren zunächst Richtung Belsh (Dumrea). Das ist ein hochinteressantes Gebiet mit 84 Karstseen und ein sehr gutes Beispiel für die neuen Entwicklungen im ländlichen Raum Albaniens in den letzten 30 Jahren. Wo in kommunistischer Zeit Tabak angebaut wurde, finden sich heute Olivenplantagen, Heilpflanzen und Agrotourismus. Nach einer Rakiprobe und einem Mittagessen dort fahren wir weiter nach Berat, der geschichtsträchtigen »Stadt der 1000 Fenster« am Fluss Osum (UNESCO-Weltkulturerbe). Die Stadt befindet sich in der Nähe des Gebirges Tomorr, des heiligen Berges der Bektaschiten, der Anhänger eines einflussreichen Derwisch-Ordens. Die Stadt wurde in der Antike als Festung auf einem felsigen Hügel gebaut. Im Onufri-Museum des Burgviertels bewundern wir die Ikonen des spätmittelalterlichen Meisters. Unterhalb der Burg erstreckt sich der islamische Stadtteil Mangalem mit einem sehenswerten architektonischen Ensemble. (100 km)
Das Gebiet Myzeqeja wird die Kornkammer Albaniens genannt. Hier ist die Transformation der Landwirtschaft Albaniens von der Planwirtschaft (Kooperativen bis 1990) hin zur Marktwirtschaft nach der Wende ein wichtiges Thema. Mit welchen Fortschritten, aber auch Problemen und Schwierigkeiten ist dieser Übergang in Albanien verbunden? Kann die Landwirtschaft Albaniens im Falle der EU-Integration konkurrenzfähig sein? Lohnend ist ein Abstecher zu den Ölfeldern in Marinza. Mit Blick auf Energieautarkie wurde im Sozialismus mit antiquierter Technik Erdöl gefördert. Mit kanadischen Investitionen erlebt die Förderung unter teils fragwürdigen Umständen momentan ein Revival. In der Hafenstadt Vlora an der Straße von Otranto wurde am 28.11.1912, nach Jahrhunderten osmanischer Besatzung, die Unabhängigkeit Albaniens proklamiert. Vom Llogara-Pass (1050 m ü. NN) bietet sich ein wunderschönes Panorama über die touristisch noch wenig erschlossene Albanische Riviera. Entlang des Steilküstenabschnitts lässt sich eine Besonderheit der albanischen Kulturlandschaft, nämlich die Terrassierungen der sozialistischen Zeit einschließlich der aktuellen Erosionserscheinungen, sehr gut nachvollziehen. Der Tag endet in Saranda, direkt am Ionischen Meer. (220 km)
Heute steht Butrint, die Ruinenstadt und UNESCO-Weltkulturerbe, auf dem Programm. Butrint zählt zu den berühmtesten Sehenswürdigkeiten Albaniens. Der Nachmittag bleibt frei für die individuelle Erkundung der Stadt. Eine weitere Übernachtung in Saranda. (70 km)
Unterwegs Richtung Gjirokastra halten wir an der mittelalterlichen Kirche Mesopotam, dem wohl originellsten byzantischen Sakralbau Albaniens an. Nur etwa 10 km weiter ist die Karstquelle »Blaues Auge« zu finden, die mit einer Schüttung von ca. 8 m³/s die wasserreichste Quelle des Landes ist. Das Stadtbild von Gjirokastra (UNESCO-Weltkulturerbe), dem Geburtsort des Schriftstellers Ismael Kadare und des Diktators Enver Hoxha, wird von der typischen Balkanarchitektur geprägt. Nach der Mittagspause in Gjirokastra verabschieden wir uns von Albanien und die Reise geht weiter nach Griechenland. An Ioannina vorbei erreichen wir am Abend Igoumenitsa, wo wir zu Abend essen und später unsere Fähre nach Italien ablegt. Übernachtung an Bord wie auf dem Hinweg in Doppelkabinen. (240 km)
Am Nachmittag erreichen wir den Hafen von Ancona in den Marken. Nach dem Anlegen sind wir gute zwei Stunden unterwegs, um die Stadt Faenza, die schon in der Emilia Romagna liegt, für unsere Zwischenübernachtung zu erreichen. Hier wohnen wir in einem schönen Hotel mitten in der Stadt und gehen in einem nahe gelegenen Restaurant richtig gut italienisch essen. (170 km)
So wahnsinnig spannend wird es heute nicht mehr, oder? Unser Ziel ist Freiburg und wir erreichen Deutschland auf dem schnellsten Wege, indem wir an Bologna vorbeifahren, durch die Poebene Richtung Mailand, dann weiter nach Chiasso und Bellinzona, schließlich am Vierwaldstätter See entlang und über Basel die A 5 erreichen. Gegen 19:00 Uhr treffen wir voraussichtlich in Freiburg ein. (680 km)